Bayern: Landwirt stellt Antrag auf Jagdbefriedung im Landkreis Aschaffenburg

Ein Landwirt hat Ende 2023 für 42 Flurnummern im Landkreis Aschaffenburg einen Antrag auf jagdrechtliche Befriedung aus ethischen Gründen bei der zuständigen Unteren Jagdbehörde beim Landratsamt Aschaffenburg gestellt. Etwa die Hälfte der insgesamt rund 4 Hektar Fläche wird landwirtschaftlich genutzt, die anderen Grundstücke sind Blühflächen, Streuobstwiesen und Biotope sowie drei Waldgrundstücke. »Ich bin gegen das Töten von Tieren«, so der Landwirt gegenüber der Initiative »Zwangsbejagung ade«. Er sei nicht damit einverstanden, dass man in Deutschland als Grundstückseigentümer automatisch ein Zwangsmitglied in einer Jagdgenossenschaft ist.


Im Januar 2024 erhielt der Landwirt ein Schreiben vom Landratsamt Aschaffenburg mit der Bestätigung seines Antrags. »Es würden noch die Grundbuchauszüge der Grundstücke verlangt und eine genauere Erklärung und Entwicklung meiner Beweggründe diesen Antrag zu stellen«, berichtet der Tier- und Naturfreund. »Es wurde mir noch die Frage beantwortet nach den ungefähren Kosten. Die Kosten für die jagdrechtliche Befriedung würden sich von circa 800 bis 2000 Euro belaufen, je nach Arbeitsaufwand.«


Das Gebot »Du sollst nicht töten« gilt auch für unseren Umgang mit Tieren


In seinem Antwortschreiben an die Untere Jagdbehörde führte der Landwirt seine Beweggründe näher aus: Seit er Anfang 20 war, sei für ihn die Frage nach einem ethischen Leben und wie es zu führen sei, immer wichtiger und drängender geworden. Ein Anhaltspunkt waren für ihn die Zehn Gebote, darin das fünfte Gebot: »Du sollst nicht töten«, welches er auch auf die Tiere bezog. Das habe ihn Anfang der 1990er Jahre bewegt, Vegetarier zu werden.


Landwirt wird Vegetarier und legt Biotope für freilebende Tiere an


»In meiner weiteren persönlichen Entwicklung und Reifung habe ich dann meine Grundstücke – außer die verpachteten – zu einem Rückzugsort für Tiere gemacht.« Der Landwirt legte Blumenwiesen und Streuobstwiesen an, pflanzte Hecken, schichtete Stein- und Holzhaufen auf und baute Insektenhotels.


»Es ist mein Wunsch, dass das Töten von Tieren auf meinen Grundstücken durch Menschenhand endet«


»Nun habe ich im Sommer 2023 erfahren, dass man auch seine Grundstücke jagdrechtlich befrieden kann. Daher ist es mein Wunsch und Bedürfnis, dass meine Grundstücke jagdrechtlich befriedet werden und das Töten auf meinen Grundstücken durch Menschenhand endet. Denn wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir verhindern könnten«, so der Landwirt in seinem Schreiben an die Untere Jagdbehörde. Es stelle sich für ihn die Frage, wer uns Menschen eigentlich das Recht gibt, ohne Not Tiere zu töten und Entscheidungen zu treffen über Leben und Tod unserer Mitgeschöpfe - »nur weil wir angeblich die Krone der Schöpfung sind und wir die Möglichkeit dazu haben? Ist das nicht eine Anmaßung und Respektlosigkeit vor Gott und der gesamten Schöpfung?«

Plötzlich drohen hohe Kosten für die Befriedung

Ende Januar 2024 erhielt der Landwirt einen Brief vom Landratsamt Aschaffenburg, in dem ihm mitgeteilt wurde, das die Kosten statt 800 bis 2000 € etwa 6000 bis 7000 € betragen werden. Die Begrünung: »Anhand der eingereichten Grundbuchauszüge ist ersichtlich, dass die betreffenden Grundstücke in verschiedenen Jagdgenossenschaften liegen. Daher ist für jede Jagdgenossenschaft ein separater Bescheid bezüglich der Befriedung von Grundstücken aus ethischen Gründen zu erlassen. Ihnen wurden von uns schon vorab Kosten mitgeteilt, diese bezogen sich aber auf den Erlass von einem Bescheid bezüglich der Befriedung von Grundstücken aus ethischen Gründen.« So würden für die Grundstücke in der einen Jagdgenossenschaft Kosten von je ca. 800 – 1000 € entstehen, für die Grundstücke in der anderen Jagdgenossenschaft Kosten von ca. 500 – 700 € und für die Grundstücke in der dritten Jagdgenossenschaft Kosten von ca. 1.500 – 1700 € entstehen. »Die genauen Kosten können hier aber auch erst abgeschätzt werden, wenn die genaue Arbeitszeit ersichtlich ist.«

 

Landwirt soll alle Grundstücke dauerhaft einzäunen - »damit der Jagdpächter sieht, wo nicht gejagt werden darf«


Außerdem müsste der Landwirt alle Grundstücke dauerhaft einzäunen: Eine Befriedung sei nur möglich, »wenn die gesamten Grundstücke gegen das Ein- oder Auswechseln von Wild und gegen den unbefugten Zutritt von Menschen dauerhaft abgeschlossen sind«, so die Untere Jagdbehörde. »Dies ist erforderlich, damit der Jagdpächter des Reviers klar sieht, in welchem Bereich nicht gejagt werden darf.«


Weiterhin wird der Grundstückseigentümer von der Unteren Jagdbehörde darauf hingewiesen, dass die Befriedungen der verschiedenen Grundstücke erst zum Ende der jeweiligen Jagdpachtverträge erfolgen würden. In Bayern haben Jagdpachtverträge eine Laufzeit von mindestens neun Jahren!


Viele Grundstückseigentümer kommen nur mit Rechtsanwalt zum Ziel


Der Landwirt wendete sich daraufhin erneut an die Initiative »Zwangsbejagung ade« mit der Frage, ob dies alles rechtens sei: »Ich habe den Eindruck, dass die Hürden für eine Befriedung möglichst hoch und abschreckend gehalten werden sollen.« Dieser Eindruck wurde von der Initiative bestätigt.

Der tierliebende Landwirt bekam den Rat, Rechtsanwalt Peer Fiesel einzuschalten, der in ganz Deutschland über 100 Grundstücks­eigentümer in Befriedungsverfahren vertritt. Über 40 Befriedungsverfahren werden und wurden gerichtlich geführt, drei Verfahren bis zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Als Präsident des Landestierschutzverbands Nordrhein-Westfalen engagiert sich Peer Fiesel seit vielen Jahren im Tierschutz und für eine Natur ohne Jagd. Er weiß: »Man erreicht manchmal eine außergerichtlich positive Entscheidung über den Rechtsanwalt, wohingegen die Behörden ablehnende Bescheide eher verfassen, wenn keine Anwälte beteiligt sind, in der Hoffnung, dass der ablehnende Bescheid Bestandskraft hat und nicht zu Gericht geklagt wird.« Und er macht betroffenen Grundstückseigentümern Mut: »Behörden versuchen Befriedungsfreunde abzuschrecken, indem sie mitteilen, dass keine Erfolgsaussichten bestünden und hohe Gebühren gefordert würden, beides ist falsch. Die Erfolgs­aussichten sind eher sehr gut, die Gebühren müssen angemessen zur Tätigkeit stehen und dürfen nicht überzogen sein, dies überprüft auch notfalls das Gericht.«


Der Landwirt hofft, dass freilebende Tiere in den angelegten Biotopen dringend benötigte Rückzugsorte finden


Mitte Februar 2024 leitete der Grundstückseigentümer aus dem Landkreis Aschaffenburg seinen gesamten Schriftverkehr mit dem Landratsamt an Rechtsanwalt Fiesel weiter. Nun hofft der Tierfreund, dass Bewegung in die Sache kommt und seine Grundstücke bald jagdrechtlich befriedet werden - damit frei lebende Tiere auf diesen Flächen in den vielen mühevoll und liebevoll angelegten Biotopen endlich die Rückzugsorte finden, die sie so dringend brauchen, ohne einen tödlichen Schuss fürchten zu müssen.

Helfen Sie mit, damit sich auch Grundstückseigentümer, die über keine Geldmittel verfügen, einen rechtlichen Beistand in ihrem Verfahren auf Austritt aus der Jagdgenossenschaft leisten können. Denn nur mit einem ausreichenden Spendenaufkommen können weitere Verwaltungsverfahren und, wenn nötig, auch weitere Gerichtsverfahren finanziell unterstützt werden.
Dieser Spendenaufruf richtet sich an alle Tierfreunde, die nicht über Grundstücke verfügen, aber mithelfen wollen, in Deutschland endlich die dringend benötigten Rückzugsgebiete für Wildtiere zu schaffen.

Spenden per Überweisung:
Wildtierschutz Deutschland e.V.

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Verwendungszweck: Zwangsbejagung ade

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Am Goldberg 5, 55435 Gau-Algesheim
T. 0177 7230086
e-mail: wildtierschutz@gmail.com
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