Rheinland-Pfalz: Bio-Weingut endlich jagdfrei!
Winzerfamilie aus Hackenheim stellte Antrag auf Befreiung vom Jagdzwang schon vor 12 Jahren
Die Weinberge der Bio-Winzerfamilie Gänz aus Hackenheim (Rheinland-Pfalz) sind seit 1.4.2022 endlich jagdfrei! Sarah, Peter und Albert Gänz können es nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren, wenn Jäger in den ökologisch bewirtschafteten Weinbergen oder auf den Streuobstwiesen Tiere tot schießen. Bereits im Jahr 2010 hatte die Bio-Winzerfamilie zum ersten Mal einen Antrag gestellt, aus ethischen Gründen von der Zwangsbejagung der eigenen Flächen befreit zu werden. Ab 1.4.2015 wurde ein Großteil der Flächen der Bioweingutes für befriedet erklärt aber nur befristet auf drei Jahre. Anfang April 2022 kam - 12 Jahre nach dem ersten Antrag auf Jagdverbot auf den eigenen Grundstücken - endlich die erlösende Nachricht: Ein Großteil der Flächen der Bio-Winzerfamilie Gänz ist ab sofort jagdfrei - und zwar ohne Befristung!
Das Weingut Gänz in Hackenheim
bewirtschaftet seine Weinberge, Äcker und Streuobstwiesen ökologisch. Die Weinberge, Naturwiesen und Heckenstreifen sind ein wunderbarer Lebensraum nicht nur für Vögel und Schmetterlinge, sondern auch für Füchse, Marder, Gartenschläfer, Rehe und Wildschweine. · Bilder: www.gaenz.com
Bereits im Jahr 2010 hatte die Bio-Winzerfamilie bei der zuständigen Behörde einen Antrag gestellt, aus ethischen Gründen von der Zwangsbejagung ihrer 11 Hektar Weinberge sowie einiger Äcker, Streuobstwiesen und eines Waldes befreit zu werden. Nachdem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte 2012 entschieden hatte, dass die Zwangsbejagung privater Grundstücke gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt, stellten die Grundstückseigentümer einen Eilantrag, um die Grundstücke vorläufig jagdfrei zu stellen, bis in Deutschland eine Jagdgesetzänderung in Kraft wäre.
»Dass auf meinen Grundstücken gejagt wird, kann ich beim besten Willen nicht mit meinem Gewissen vereinbaren«, erklärte damals Albert Gänz als Eigentümer des Weinguts in seiner Stellungnahme zur Gewissensfrage. »Jedes Wild- und Haustier, das auf meinen Grundstücken einen Tod durch Jagdausübungsberechtigte erleidet, bedeutet für mich einen großen Schmerz.« Mit seiner Familie habe er bereits Mitte der 1990er Jahre begonnen, einen anderen Blick auf die uns umgebende Tier- und Pflanzenwelt zu werfen. »Viele Wildtiere sterben durch die Jagd einen qualvollen Tod. Familienverbände werden zerrüttet und wertvolle Sozialstrukturen zerstört«, erklärte Albert Gänz, der bereits 1997 entschied, seinen landwirtschaftlichen Betrieb nach ökologischen Prinzipien zu führen. »Auch wenn es gerne abgestritten wird, werden viele Tiere aus Spaß oder als Freizeitvergnügen getötet und sterben einen unnötigen Tod. Auf meinen Grundstücken soll das Leben von Wildtieren geachtet werden. Deshalb ist es mit meiner Vorstellung von einem Leben mit der Natur nicht vereinbar, dass auf meinem Grund und Boden auf grausame Weise das Blut von Wildtieren vergossen wird.«
2015: Befristetes Jagdverbot für 3 Jahre
Trotz des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hat das Verwaltungsgericht Koblenz hat den Eilantrag der Winzerfamilie Gänz auf jagdrechtliche Befriedung ihrer Grundstücke mit Beschluss vom 17.04.2013 zurückgewiesen. Die Bio-Winzerfamilie legte daraufhin Beschwerde ein, die jedoch ebenfalls zurückgewiesen wurde.
Schließlich erklärte die Kreisverwaltung Bad Kreuznach einen Großteil der Flächen der Bioweingutes Gänz mit Wirkung zum 01.04.2015 für befriedet - aber nur befristet auf drei Jahre.
2022 endlich der Bescheid: Rund 11 Hektar der Bio-Winzerfamilie werden jagdfrei!
Darum stellten Sarah, Peter und Albert Gänz als Grundstückseigentümer nach Ablauf der befristeten Befriedung erneut einen Antrag auf jagdrechtliche Befriedung aus ethischen Gründen.
Anfang April 2022 kam endlich der erlösende Bescheid der Kreisverwaltung Bad Kreuznach: Mit Beginn des neuen Jagdjahres am 1.4.2022 ist ein Großteil der Flächen jagdfrei. Und diesmal ohne Befristung! Weitere Flächen werden zum 1.4.2026 befriedet, wenn die Jagdpachtverträge auslaufen. Denn die Tierfreunde sind mit ihren Grundstücken automatisch Zwangsmitglied in der örtlichen Jagdgenossenschaft, welche die Flächen an Jäger verpachtet.
Die Familie ist froh, dass auf den meisten Flächen jetzt endlich unbefristete Ruhe herrscht. Jetzt werden keine Tiere mehr abgeschossen, für die die Tierfreunde auf ihren Grundstücken Lebensraum schaffen.
»Unsere Eltern haben sich schon vor fast 25 Jahren für eine Bio-Landwirtschaft und für den Schutz der Natur entschieden«, erklären Sarah und Peter Gänz. »Angetrieben wurde diese Entscheidung insbesondere von der Idee, einen Umgang mit der uns anvertrauten Natur zu pflegen und im Einklang mit ihr zu arbeiten, um das Leben von Pflanzen und Tieren auf die bestmögliche Weise zu respektieren und aktiv zu schützen«, so Vater Albert Gänz.
Die Winzerfamilie pflegt die rund 11 Hektar Weinberge und einige Hektar Äcker, Streuobstwiesen und einen Wald nach kontrolliert biologischen Kriterien und schafft aktiv Lebensraum für wild lebende Tiere: Heckenstreifen mit vielen heimischen Arten, Benjes-Hecken und Totholzhaufen, Trockenmauern, einen Naturteich sowie Naturwiesen. Die Bio-Winzerfamilie ist überzeugt, dass die Jagd nicht notwendig ist, und jagdfreie Ruhezonen essentiell für die heimischen Wildtierpopulationen sind.